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Ein Rap-Song über meinen Unfall

Nach einem schweren Unfall sitzt Robin aus Mainz im Rollstuhl - und bekommt große Unterstützung durch seine Familie. Sein Stiefbruder hat sogar einen Rap-Song für ihn geschrieben und aufgenommen.

MAINZ - Robin hat zwei Leben. Das eine endete, als das zweite begann: am 16. Februar 2017 um 13.45 Uhr. „Ich hab an den Tag gar keine Erinnerung mehr“, sagt der heute 18-Jährige. Was Robin über den schweren Unfall weiß, was er über den Moment weiß, als er mit seinem Moped auf dem Heimweg von der Schule auf der A60 kurz vor der Ausfahrt Hechtsheim-West gegen einen 40-Tonner fuhr – all das hat er von seinen Eltern, von seinen Brüdern, von der Polizei erfahren. Neun Stunden lang war er im OP.

Koma, Milzriss, Hirnblutung, beide Handgelenke, ein Bein normal gebrochen, das andere zertrümmert, Schädel-Hirn-Trauma, sechs gebrochene Wirbel, das Rückenmark in spinalem Schockzustand – die Diagnoseliste war entsetzlich lang. Und die Prognose der Ärzte nicht gut.

Neun Monate verbrachte Robin in Kliniken in Mainz und Heidelberg, wurde fünf Mal operiert. Doch er hat alle überrascht: Er wachte aus dem Koma auf, begann wieder selbstständig zu atmen. Im  November 2017 besucht er wieder die Schule, die elfte Klasse der IGS Hechtsheim. Ja, er sitzt im Rollstuhl, kann bislang nur Kopf und Schultern wieder bewegen. Aber er gibt nicht auf. Und das liegt auch an der großen Unterstützung durch seine Familie.

 

Sein Stiefbruder, der 25-jährige Kenneth, hat zusammen mit seinem Kumpel Christian, mit dem er das Duo „Sepcore“ bildet, einen Rap-Song für Robin geschrieben und ihn mit Musik von „D. Low“ hinterlegt. Der Song geht unter die Haut.

 

AUSZÜGE AUS DEM SONGTEXT

„Zieh meine ganze Kraft aus deiner großen Lebensfreude. Spiele nur die Nebenrolle in deinem Film. Durchbrechen jede Regenwolke mit deinem Willen.“– „Es kommen gute Tage, es waren schwere Tage. Glaub mir ich will mit dir deine Last im Herzen tragen.“

 

 

 

Es stärkt mich jedes mal aufs neue wenn ich es höre und gibt mir Kraft wenn ich manchmal einfach nicht weiter weiß. 

Es ist so schön zu hören mit wie viel Emotion und Herz diese Zeilen geschrieben sind. Vor allem die Stelle: „Alles wird am Ende gut“ nehme ich mir sehr zu Herzen, denn solange noch nicht alles gut geworden ist, ist das auch noch nicht das Ende.

 

Am Geburtstag gesungen

 

„Bruder von Sepz“ heißt der Song. „Sepz“ steht für Kenneth, „Cortex“ für Christian – zusammen sind sie „Sepcore“.

Beim 18. Geburtstag von Robin am 5. Mai dieses Jahres haben Kenneth, der beruflich eine Ausbildung zum Informatiker macht, und Christian den Song uraufgeführt. „Und sofort haben die meisten der rund 130 Gäste angefangen vor lauter Rührung zu weinen“.

Auch Robin ist gerührt von der Aktion seines Bruders: „Ich kenne keinen persönlicheren Text.“ Kenneth selbst sagt nur bescheiden: „Wenn man schon Musik macht, muss man ja nicht immer über irgendwelchen Quatsch reden. Robin soll einfach merken, dass er nicht allein ist. Für mich ist das eine ganz besondere Sache.“

Robin und sein jüngerer Bruder, der 15-jährige Nico, suchten zusammen Fotos aus und bastelten ein Video, das sie mit dem Song verbanden und das auf Facebook bereits mehr als 4000 Mal aufgerufen wurde. Robins Unfall, da sind sich die Brüder einig, hat sie noch mehr zusammengeschweißt. Da erscheint es fast wie eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet Kenneth am Tag von Robins Unfall auf der Gegenfahrbahn unterwegs war: „Ich hab noch gedacht, oh je, ein Stau – da wird ein Unfall passiert sein.“ In seinem Songtext hat er auch diesen Moment verarbeitet: „Rechte Spur, ich schaue rüber und ich seh den Stau. Unfall – wohl das Zerplatzen eines Lebenstraumes.“

Tattoos vom Datum des Unfalls

 

Ein paar Zeilen weiter heißt es: „Glaub mir wenn es einer schafft Bruder dann bist es du.“ Kenneth weiß: Robin ist ein Kämpfer. Das drückt auch das Tattoo aus, das Robin, seine Stiefmutter und sein Vater sich in den Unterarm haben stechen lassen. Alle drei Tattoos tragen das Datum des Unfalls, eine Weltkugel und weitere Motive. Robin hat sich unter anderem ein Schwert welches durch eine zerbrochene Weltkugel geht stechen lassen – als Ausdruck für den schweren Kampf um die zerbrochene Welt.  Robin sagt schmunzelnd: „Ich hatte Glück. Ich spür ja an den Armen nichts und deswegen hat das Tattoo-Stechen überhaupt nicht wehgetan.“ Spätestens jetzt versteht man, warum Rodney Minuten zuvor gesagt hat: „Robin ist einfach tough. Wenn er nicht so stark wäre, wären wir es auch nicht.“ Und Regina ergänzt: „Er hat bislang allem getrotzt. Und das wird er weiter tun.“

Im Song von „Sepcore“ heißt es: „Alles wird am Ende gut, hör auf was ich sage.“ Robin jedenfalls sagt beim Abschied kurz und knapp: „Wird schon.“ Und man glaubt es ihm aufs Wort.

 

Geschrieben von: Petra Jung

Lokalredakteurin Mainz


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